„Der lebende See“ – Slov ant Gali

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Im Bann der Utopie 5. November 2013

Von corinne
Utopische Erzählungen … Bisher dachte ich immer, darin ginge es vornehmlich um Raumfahrer, die in fernen Galaxien auf grünhäutige Aliens treffen … Tatsächlich bin ich in der Titelgeschichte des Buches „Der lebende See“ von Slov ant Gali auf einen intergalaktischen Reisenden getroffen, aber mir sind in seinen Erzählungen auch eine Frau begegnet, die darum kämpft, gemeinsam mit ihrer Tochter ein normales, selbstbestimmtes Leben führen zu können, statt als „Verewiglichte“ in einer Cyberwelt zu existieren, Tannen, die sich dafür rächen, dass auf ihrem Lebensraum Waffenexperimente durchgeführt werden, ein Intellektueller, dem es gelingt, durch das Auflegen seiner linken Hand andere von seiner politischen Einstellung zu überzeugen und ein Zeitreisender, der auf seinem Trip in die Vergangenheit und vor allem zurück in die Gegenwart – wie soll es anders sein – sich selbst begegnet … und zwar gleich mehrfach! Fünfzehn Geschichten völlig unterschiedlichen Inhalts, jede für sich ein Lesevergnügen ganz eigener Art. Ich habe es nicht bereut, das Buch gekauft zu haben und mit Interesse erwarte ich das im Anhang bereits für Anfang kommenden Jahres angekündigte nächste Werk des Autors „Im Bann der Bienen“.

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Von Rosuff

Eine Sammlung von Stories zu rezensieren ist immer schwierig. Bei dieser besonders, weil von keiner Geschichte auf die nächsten geschlossen werden kann. Wenigstens zwei bieten skurrile Wege an, wie Slov ant Galis Lieblingsgesellschaft, so eine Art Kommunismus, erkämpft werden könnte, beide aber sicher nicht ernst gemeint. Immerhin führen ihn in der einen die Erde im Handstreich besetzende Außerirdische ein. Da hält der Autor wohl den Untergang der irdischen Zivilisation für ein wahrscheinlichere Zukunftsvision, die mehrere Geschichten auf unterschiedliche Weise behandeln. Darunter ist selbstverständlich eine herrlich absurde, in der die Menschheit ausstirbt, weil alle Frauen von Laborflöhen gebissen werden. Deren Wirkung ist eine ungebremste Sexlust, die alles Andere abschaltet. Der Konzern wollte doch „nur“ Profit machen. Natürlich ist auch ein bisschen Rache der Natur an den Menschen dabei – Horror mit Augenzwinkern. Immer wieder die Frage der persönlichen Verantwortung, das Mitmachen oder das Aussteigen, weil man nicht ein Rädchen sein will, das macht, was scheinbar jeder macht. Dabei wird Gegenwärtiges auf die Spitze getrieben. Big Brother und NSA-Skandal finden grausige Fortsetzungen. Allerdings empfinde ich diese Geschichte als schwächste im Band. Gefechte zwischen Raumschiffen finden nicht statt, dafür aber eine Raumschiffentführung und Visionen zwischen Wirklichkeit und Einbildung, bei denen sich der Leser seinen Teil denken muss. Die Titelgeschichte hätte sicher zu einer Star-Trek-Folge umgearbeitet werden können. Evolution und Absonderlichkeiten. Was passiert, wenn sich alle eingefügt haben, und erst ein von außen Kommender bemerkt, dass etwas nicht stimmt? Einem echten SF-Fan muss man das „Großvaterparadoxon“ nicht erklären. Mit ihm spielt der Autor recht naiv-freundlich. Vielleicht sollte man mehr Didaktik von den Geschichten verlangen, eine klare Aussage, warum die jeweilige Geschichte erzählt wird und wie ernst man das nehmen soll, was man gerade gelesen hat. Mir gefällt hier aber mehr, dass manche surreale Schwebe erhalten bleibt. Mir geht es ein wenig wie dem Psychiater in der verstörenden Eröffnungsgeschichte „Abea“, der sicher ist, dass hinter der erzählten eine ganz andere Geschichte steckt. Vor der schützt sich der unheldische Held mit einem kräftigen Schuss Fantasie. Der Fantasie des Leser zuträglich ist wahrscheinlich, wenn man manche Auffassungen des Autor aus „Gemeinschaft der Glückssüchtigen“ schon kennt – aber dann weiß man vielleicht doch, was er sagen möchte …

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